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Von reisenden Bibliothekar*innen und „Engelandvaarders“

Foto: Wegweiser am Strand
Foto: Wegweiser am Strand

Am Strand von Noordwijk aan Zee; Bildnachweis: I. Riek/FID Benelux

Sommerzeit ist Reisezeit. Wenn Bibliothekar*innen reisen, stehen oft Bibliotheken auf dem Programm und wenn nicht das, dann wenigstens Buchläden oder die Buchauslagen in Museumsshops. So will es das Klischee und wir vom FID Benelux arbeiten mit Hochdruck daran, dieses Klischee zu bestätigen.

Zumindest bei Aufenthalten in den Beneluxländern lassen unsere Fachreferent*innen kaum eine Gelegenheit aus, en passant interessante Fachliteratur zu sichten oder nützliche Informationen zu sammeln, die für die Arbeit im FID (irgendwann einmal) relevant sein könnten. So auch vor nicht allzu langer Zeit geschehen im niederländischen Noordwijk aan Zee. Dort befindet sich, mitten in den Dünen in einem ehemaligen Bunker des Atlantikwalls, das Museum Engelandvaarders. Und was liegt näher, als ein Museumsbesuch an einem verregneten Tag? Also hereinspaziert!

Foto Museum Engelandvaarders

Museum Engelandvaarders; Bildnachweis: Pvt pauline~commonswiki CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Mit seinen zum Teil interaktiven Exponaten erinnert das 2015 eröffnete Museum eindrucksvoll an die niederländischen Männer und Frauen, die sich während des Zweiten Weltkriegs in abenteuerlicher Weise auf den Weg machten, um sich den Alliierten anzuschließen und den Kampf gegen die deutschen Besatzer aufzunehmen. Die „Engelandvaarders“ (zu Deutsch: „Englandfahrer“) flohen in kaum seetüchtigen Booten über die Nordsee oder versuchten, die alliierten Streitkräfte auf dem Landweg über Belgien, Frankreich, Spanien, Portugal und sogar Russland zu erreichen. Viele fanden dabei den Tod oder wurden gefangengenommen.

In solchen Booten wagten die „Engelandvaarders“ die Überfahrt. Bildnachweis: I. Riek/FID Benelux

Mediale Aufmerksamkeit erhielten die Engelandvaarders vor allem durch den autobiografischen Roman Soldaat van Oranje (Soldat von Oranien) von Erik Hazelhoff Roelfzema, der 1970 zunächst unter dem Titel Het hol van de ratelslang erschien. Der Roman wurde 1977 von Paul Verhoeven verfilmt; die Hauptrollen spielten der jüngst verstorbene Rutger Hauer und Jeroen Krabbé. Seit 2010 läuft in einem Flughafen-Hangar im nur wenige Kilometer von Noordwijk entfernten Katwijk zudem das gleichnamige Musical Soldaat van Oranje.

Wie viele andere Museen, verfügt auch das Museum Engelandvaarders über einen kleinen Museums- und Bücherladen. Dieser musste von der reisenden Fachreferentin natürlich in Augenschein genommen werden, um zu schauen, ob sich hier vielleicht noch die ein oder andere Publikation verbarg, mit der die Sammlung des FID Benelux ergänzt werden konnte.

Dabei entspann sich ein Gespräch mit der freundlichen Dame am Ticketschalter:

„Kann ich Ihnen irgendwie helfen? Suchen Sie etwas Bestimmtes?“

„Ich bin Bibliothekarin. Wir haben in Münster die größte Spezialbibliothek zum niederländischen Kulturkreis in Deutschland und ich schaue gerade, ob ich hier vielleicht noch etwas für unsere Bibliothek finden kann. Die meisten Bücher haben wir allerdings schon, denke ich.“

„Dieses hier aber bestimmt nicht!“ Die Dame zeigt auf den gut 200 Seiten umfassenden Titel Engelandvaarders en vluchtelingen. 1940-1945: de Noordzee-route. „Das Buch ist normalerweise nicht über den Buchhandel zu bekommen. Wenn Sie möchten, schenke ich es Ihnen für Ihre Bibliothek.“

„Aber Sie können uns das Buch doch nicht so einfach schenken …“

„Doch! Kann ich. Ich bin die Autorin.“

So kam der FID Benelux an das Buch Engelandvaarders en vluchtelingen von Pauline L. van Till und Harald S. van der Straaten. Pauline van Till sei an dieser Stelle noch einmal herzlich dafür gedankt!

Foto Buch Engelandvaarders

Cover „Engelandvaarders en vluchtelingen“; Bildnachweis: I. Riek/FID Benelux

Wieder zu Hause in Münster wurde das Buch selbstverständlich unverzüglich katalogisiert und in den Bestand des FID aufgenommen. Damit ist es nun sowohl vor Ort in Münster ausleihbar (Standort: Bibliothek im Haus der Niederlande, Signatur: HIS 39.3.3.2 2016/48) als auch deutschlandweit und international per Fernleihe.

Das Thema „Engelandvaarders“ ließ uns damit allerdings noch nicht los. Als FID-Referent*innen und Bibliothekar*innen fahren wir nicht nur beruflich vorbelastet in den Urlaub, sondern gehen während unserer Arbeitszeit auch einer Tätigkeit nach, die in den vergangenen Jahren oft als unnötig zeitintensive Marotte belächelt wurde, seit Einführung der Gemeinsamen Normdatei (GND) jedoch langsam wieder an Ansehen gewinnt: Wir benutzen Normdaten (Schlagwörter), um unsere Bestände sachlich und thematisch zu erschließen und legen dafür, wenn nötig, auch neue Normdatensätze an. Im Jahr 2017 hat der FID Benelux beispielsweise 300 neue Normdatensätze für die Sacherschließung in die GND eingebracht; 2018 waren es 247.

Im vorliegenden Fall waren wir uns im Benelux-Fachreferat schnell einig, dass die vorhandene Literatur zur spannenden Geschichte der „Engelandvaarders“ besser auffindbar sein sollte in unseren bibliothekarischen Katalogen und Suchinstrumenten. Da es noch kein entsprechendes Schlagwort gab, haben wir also kurzerhand eines erstellt – voilà das neue Schlagwort: Engelandvaarder – und alle Titel aus unserem Bestand, die sich mit diesem Thema befassen, damit verknüpft.

Wer mehr Literatur zu den „Englandfahrern“ sucht, findet hier, nicht zuletzt dank der oben beschriebenen Vorarbeiten, nun eine schöne Liste aller Treffer mit dem Stichwort „Engelandvaarders“ aus unserem Rechercheportal FID Benelux-Search. Aktuell sind es 36 Titel und es werden zukünftig sicherlich noch einige hinzukommen.

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