
mit einem Gastbeitrag zum wissenschaftlichen Bloggen von Björn Gebert
Vor zehn Jahren, am 27. November 2011, ging das ViFa Benelux-Blog als neues Informationsangebot des damaligen Sondersammelgebietes (SSG) Benelux¹ für die Disziplinen Niederlandistik, Niederlande-, Belgien- und Luxemburgforschung an den Start (siehe hier: der erste Blogbeitrag vom 27.11.2011). Das Weblog war seinerzeit Teil der Virtuellen Fachbibliothek (ViFa) Benelux – online von 2012 bis 2018 –, die im Dezember 2018 mitsamt dem Blog in das FID Benelux-Portal überführt wurde. Die Bloggingaktivitäten haben wir in all diesen Jahren kontinuierlich fortgesetzt, nur jeweils unter etwas anderen Vorzeichen. Unser 10-jähriges Blog-Jubiläum nehmen wir zum Anlass für einen Rückblick auf die Entwicklungs- und Lernprozesse der vergangenen Jahre. Darüber hinaus sollen einige allgemeine Aspekte des Bloggens im wissenschaftlichen Kontext erörtert werden. Hierfür konnten wir den Wissenschaftsblogger Björn Gebert als Gastautor gewinnen.
Vorgeschichte
Das oben erwähnte ViFa Benelux-Blog hatte einen Vorläufer außerhalb der Blogosphäre, und zwar die News-Rubrik NedGuide-Aktuelles, die in den Jahren 2006 bis 2011 fachbezogene Nachrichten und Informationen mit vorwiegend externen Links zu weiterführenden Informationen im Telegrammstil bereithielt. Nedguide-Aktuelles, ein Modul unseres ersten SSG-Fachportals Virtuelle Fachbibliothek Niederländischer Kulturkreis/NedGuide (online 2001-2012), war vom Layout her sehr schlank, schmucklos und ausschließlich textbasiert (siehe Abbildung 1). Die Inhalte wurden damals direkt per HTML in die betreffende Seite eingebunden.

Abbildung 1: NedGuide-Aktuelles im September 2007; Rekonstruktion über die Wayback Machine des Internet Archive
Ausgangspunkte und Motivation
Die Konzeption von NedGuide-Aktuelles entsprang einer zweigeteilten Motivation, die vom Ansatz her noch heute für den Betrieb des FID Benelux-Blogs gilt: Das Modul sollte zum einen der Öffentlichkeitsarbeit dienen, um auf die eigene Arbeit sowie spezielle SSG-Services und Angebote für die Fachcommunity aufmerksam zu machen. Zum anderen ging es darum, einen Aggregationspunkt für aktuelle Entwicklungen im Bereich der fach- bzw. regionenbezogenen digitalen Informationsinfrastruktur und fachlich relevante Neuigkeiten zu schaffen. Letzteres war gewissermaßen ein Nebenprodukt der besonderen Situation im Fachreferat „Niederländischer Kulturkreis“( bzw. später im Fachreferat „Benelux“) an der Universitäts- und Landesbibliothek Münster, denn durch die Betreuung des entsprechenden Sondersammelgebietes (später: des Fachinformationsdienstes) befand sich dieses Fachreferat in großer Nähe zum fachlichen Geschehen im gesamten Bundesgebiet wie auch international. So wurden im Zuge des Bestandsaufbaus und für fachspezifische Nachweisinstrumente laufend eine Vielzahl einschlägiger Neuerscheinungsdienste, Institutions- und Verlagswebseiten, Newsletters, Mailinglisten u.ä. systematisch ausgewertet und von jeher enge Kontakte zur Fachwissenschaft unterhalten.
Learning by Doing
Die Entscheidung, den Service NedGuide-Aktuelles ab dem Jahr 2011 unter dem Namen ViFa Benelux-Blog weiterzubetreiben als Weblog, ging einher mit einigen konzeptuellen Änderungen und einem stetigen Lern- und Experimentierprozess nach dem Prinzip learning by doing.
Als Software für das Weblog wählten wir das unter Blogger:innen weit verbreitete Open-Source-System WordPress, das mit einem WYSIWYG-Editor (What You See Is What You Get) ausgestattet und damit sehr viel intuitiver zu bedienen war als die alten NedGuide-HTML-Seiten. Die Website wurde als Versuchsballon unter der gratis verfügbaren WordPress.com-Domain gehostet, die allerdings – wie sich bald herausstellte – nicht völlig kostenfrei war, da ein jährlich zu erneuerndes „No-ads-Upgrade“ erworben werden musste, um lästige Werbung zu unterbinden.
Sollten wir heute vor der Entscheidung stehen, ein Weblog einzurichten, das wir nicht selber hosten möchten, würden wir uns vermutlich für das ebenfalls weiter unten im Gastbeitrag von Björn Gebert erwähnte Angebot des Portals de.hypotheses entscheiden, das zu jenem Zeitpunkt jedoch noch nicht existierte. Das nicht-kommerzielle Blogportal für die deutschsprachigen Geistes- und Sozialwissenschaften bietet einen kostenlosen Service zur Bereitstellung von Wissenschaftsblogs an. Es ist seit März 2012 online und Teil der europäisch ausgerichteten Plattform hypotheses.org, die wiederum Teil der französischen Publikationsplattform OpenEdition ist.² Als Blog-Software kommt auch hier WordPress zum Einsatz.

Abbildung 2: Screenshot der ehemaligen ViFa Benelux (Anfang Dezember 2018): In der linken Spalte ist das Modul „Aktuelles (Weblog)“ zu erkennen. In der rechten Spalte sind die aktuellsten Meldungen aus dem ViFa Beneleux-Blog sichtbar, die per RSS-Feed in das Portal einflossen.
Kontinuität
Als sich der NedGuide in den Jahren 2011–12 weiterentwickelte zur Virtuellen Fachbibliothek (ViFa) Benelux, wurden die NedGuide-Aktuelles-Inhalte in das zugehörige ViFa Benelux-Blog überführt. Analog wurde bei Freischaltung des FID Benelux-Blogs im Dezember 2018 verfahren, sodass im Archiv des FID Benelux-Blogs alle Beiträge ab dem Jahr 2006 recherchierbar sind. Das ViFa Benelux-Blog ist weiterhin im Netz, um Links anderer Webseitenbetreiber auf Blogbeiträge nicht ins Leere laufen zu lassen; es wird jedoch nicht mehr aktualisiert und gepflegt.
„Iconic Turn“
Während die in Blogs übliche Kategorisierung und Verschlagwortung uns aus bibliothekarischer Erfahrung sehr vertraut war und wir von Anfang an bibliothekarische Standards wie zum Beispiel die Gemeinsame Normdatei (GND) als Vokabular für die Schlagworterschließung der einzelnen Beiträge verwendeten, waren andere Bereiche eher ungewohntes Terrain und boten damit auch ein größeres Experimentierfeld. Hierzu zählt bis heute etwa der gesamte Bereich des Webdesigns einschließlich des Findens thematisch passender, urheberrechtlich unbedenklicher Abbildungen, der sich zum Teil als recht arbeitsintensiv erweist. Auf diesem Feld lernen wir fortwährend hinzu, denn mit dem Bloggen kam auch der Anspruch, die einzelen Beiträge textuell und optisch ansprechend zu gestalten.
Das Einbinden von Bildmaterial oder audiovisuellen Medien ist ein Aspekt, der auf den NedGuide-Seiten so gut wie gar nicht vorkam, der aber dadurch, dass wir uns nun im Umfeld der stark bildgetriebenen Social Media beweg(t)en, verstärkt in den Fokus rückte. Im Zuge der Entwicklung des FID Benelux-Portals wurde entschieden, dass die aktuellsten FID Benelux-Blog-Artikel auf der Startseite erscheinen und jeweils mit einem Bild oder einer Grafik als Eyecatcher versehen sein sollten. Die betreffenden Bilddateien werden als so genanntes „Featured Image“ in den betreffenden Beitrag eingebunden, was den Vorteil hat, dass sie beim Teilen des Beitrags auf anderen Social-Media-Kanälen verlustfrei angezeigt werden.
Interaktion, Vernetzung und Service
Die Blogartikel dienen uns gegenwärtig als Basis für unsere Social-Media-Aktivitäten, so zum Beispiel auf Twitter, wo wir seit 2019 aktiv sind und uns über eine beständig wachsende Anzahl an Followern freuen dürfen, die wir sicherlich allein über das Blog nicht erreichen würden. Wenngleich das FID Benelux-Blog über eine Kommentarfunktion verfügt, findet die eigentliche Interaktion und Vernetzung mit der Fachcommunity und Kolleg:innen aus dem Bibliotheks- und Informationswesen bislang nicht so sehr im Blog, sondern vorwiegend auf Twitter statt. Hierbei bilden jedoch, wie bereits erwähnt, die von uns geteilten Blogbeiträge in vielen Fällen den Ausgangspunkt. Da das FID Benelux-Blog in Kombination mit Twitter mittlerweile eine beträchtliche Reichweite hat, treten zunehmend auch Interessent:innen aus der Fachcommunity mit der Bitte um die Veröffentlichung von Nachrichten an uns heran. Diesen Wünschen kommen wir selbstverständlich gerne nach. Darüber hinaus beraten und unterstützen wir die Fachwissenschaft auch bei der Einrichtung eigener Blogs.
Technische Rahmenbedingunen
Als wir uns 2011 dafür entschieden, ein WordPress-Blog einzurichten, hatten wir nur das ViFa Benelux-Blog als Aktualitätenservice im Blick. Das Fachportal, die ViFa Benelux, selber wurde auf einem eigenen Server in einer anderen technischen Umgebung betrieben, wobei die Blogbeiträge mit geringem technischen Aufwand per RSS-Feed in das Portal integriert werden konnten (siehe Abbildung 2). Dass sich mit WordPress als Content Management System (CMS) auch weitaus umfangreichere Websites wie etwa das gesamte Fachportal betreiben ließen, stand zu jenem Zeitpunkt aus verschiedenen Gründen nicht zur Diskussion. Es kam uns beim Aufbau des FID Benelux-Portals, für das wir WordPress nun auch als CMS einsetzen, jedoch sehr gelegen, da das Portal nunmehr „aus einem Guss“ ist und wir die Portalseiten aufgrund unserer Vorkenntnisse weitgehend selbstständig pflegen und aktualisieren können.
Warum bloggen?
Wie oben bereits angeklungen, ist eine gute und umfassende Öffentlichkeits- und Informationsarbeit für den FID Benelux von großer Bedeutung, um die Fachwissenschaft und andere Stakeholder bundesweit und auch international zu erreichen. Hierfür sind gelegentliche Artikel in Fachzeitschriften oder Vorträge auf Konferenzen nicht ausreichend, zumal diese davon abhängig sind, ob ein entsprechender Beitrag angenommen wird oder nicht. Flyer bieten zwar die Möglichkeit, einen globalen Eindruck vom FID-Angebot zu vermitteln, für aktuelle und/oder vertiefte Informationen zu Spezialfragen sind sie jedoch nicht unbedingt nützlich. Daher ist es von großem Vorteil, über einen eigenen Publikationsort abseits der üblichen zeitverzögerten bzw. zustimmungsabhängigen Kanäle zu verfügen, auf dem wir jederzeit über Themen berichten könnten, die in Beziehung zu unseren Aufgaben und Tätigkeiten stehen und der zudem eine Kommunikation in beide Richtungen ermöglicht.
— Fußnoten—
Wissenschaftskommunikation und mehr mit Blogs
Ein Gastbeitrag von Björn Gebert
Blogs sind als niederschwellige und frei zugängliche Medien aus der heutigen Wissenschaftskommunikation nicht mehr wegzudenken. Es gibt schlicht keinen leichteren und schnelleren Weg, mehr Publikum – Fachkolleg:innen und weitere Interessierte gleichermaßen – mit aktuellen, fundierten und ggf. multimedial unterstützten Informationen zu erreichen, die das Limit von 280 Zeichen sprengen würden und übersichtlicher formatiert sein sollen als ein Tweet oder Twitter-Thread. Auch der Austausch zwischen den Autor:innen und Leser:innen eines Blogartikels ist denkbar einfach und kann ebenso leicht moderiert werden.
Wissenschaftsblogportale wie hypotheses.org ermöglichen den Herausgeber:innen eines Blogs nicht nur, dieses kostenfrei und mit technischer Unterstützung zu betreiben, sondern helfen auch dabei, die Reichweite der Blogartikel zu erhöhen.
Mit einem Blog können Wissenschaftler:innen und wissenschaftliche Einrichtungen unterschiedlichste Zwecke effektiv und ggf. auch parallel verfolgen, von denen ich vier herausheben möchte:
- Information, sei es zur transparenten Dokumentation der eigenen Aktivitäten nach außen, nicht zuletzt auch gegenüber Drittmittelgeber:innen und weiteren Stakeholdern, oder um eine oder mehrere Zielgruppen mit praktisch-nützlichen Informationen zu versorgen.
- Diskussion, etwa von eigenen oder fremden (Hypo-)Thesen mit den Rezipient:innen des Blogs, in diesem Fall wohl am häufigsten mit (Teilen) der eigenen Fachcommunity. Auch das dezidierte Abfragen von fremder Expertise fällt hierunter, der Blogartikel wird zum Crowdsourcing-Tool. Durch den öffentlichen Diskurs schreitet nicht nur der eigene Erkenntnisprozess voran, auch ein breiteres Publikum mag hieraus Inspiration ziehen.
- Publikation. Auch für wissenschaftliche Publikationen im engeren Sinne eignen sich Blogs. Mit einer Qualitätssicherung durch eine Fachredaktion oder externen Peer Review, DOIs und Langzeitarchivierung stehen Wissenschaftsblogs einer klassischen Fachzeitschrift in nichts nach, obendrein bietet die Kommentarfunktion die Möglichkeit zum sofortigen fachlichen Diskurs. Sogar für die dynamische Veröffentlichung von Sammelbänden bieten sich Blogs an. So lässt sich auch die oft jahrelange Wartezeit auf die Ergebnispublikationen von Tagungen beträchtlich verkürzen.
- Nicht zuletzt kann ein Blog auch für didaktische und autodidaktische Ziele eingesetzt werden und so auch in der Lehre an Schulen und Hochschulen zum Einsatz kommen.
Als einzelne:r Wissenschaftler:in hat man nun zwei Möglichkeiten: Entweder gründe und betreibe ich ein eigenes Blog oder ich veröffentliche einen Gastbeitrag bzw. eine genuine wissenschaftliche Fachpublikation im engeren Sinne auf einem bereits bestehenden und in der relevanten Fachcommunity etablierten Blog. Die wissenschaftliche „Blogosphäre“ ist heute, zwanzig Jahre nach ihren Anfängen, bunt und vielseitig. Werden auch Sie Teil davon und bereichern Sie das Angebot mit Ihren Impulsen und Ihrer Expertise!